Einblicke in den globalen Smartphone- und Laptop-Markt
Ein Interview mit Ines Haaga und Jan Lorbach, NIQ/ GfK
gfu GmbH: Ines, Jan – vielen Dank, dass ihr euch Zeit für dieses Gespräch nehmt. Als Expert:innen im Bereich Consumer Intelligence könnt ihr uns sicher spannende Einblicke in aktuelle Marktentwicklungen geben. Wie steht der Smartphone- und Laptop-Markt im Vergleich zu den letzten Jahren da?
Jan Lorbach (NIQ/GfK): Der Markt hat in den letzten Jahren eine deutliche Veränderung durchgemacht. Im Vergleich zu 2019 ist die Nachfrage nach Smartphones um 25 % zurückgegangen, auch im Vergleich zu den Pandemie-Jahren 2020/21 sehen wir ein Minus von 14 %. Gleichzeitig zeigt sich jedoch ein Trend zu Premiumisierung: Trotz rückläufiger Stückzahlen ist der globale Umsatz in US-Dollar gestiegen –für 2024 erwarten wir ein Plus von 2 % im Vergleich zu 2023.
Ines Haaga (NIQ/GfK): Bei Laptops sehen wir eine andere Entwicklung. Die Nachfrage liegt ungefähr auf dem Niveau von 2019, allerdings niedriger als zum Höhepunkt der Pandemie. 2024 lag die Nachfrage etwa 4 % unter dem Vorjahr. Mobile PCs haben stark vom Homeoffice-Boom sowie Homeschooling profitiert, in der Pandemie lagen die Absatzzahlen teils 20 % über dem Vorkrisenniveau. Besonders spannend sind die Media Tablets: Hier haben wir 2024 ein neues Hoch bei den Absatzzahlen gesehen, mit einem Anstieg von 14 % gegenüber 2023 und deutlich über den Werten von 2019 und den Pandemie-Jahren. Der Umsatz in US-Dollar ist ebenfalls gewachsen, und zwar um 8 % im Vergleich zu 2023.
gfu GmbH: Welche Rolle spielen neue gesetzliche Vorgaben, wie das Recht auf Reparatur oder EU-Richtlinien, in diesen Märkten?
Jan Lorbach: Die Auswirkungen der Regulierung sind aktuell noch gering. Manche Hersteller haben bereits reagiert – Apple zum Beispiel mit dem Wechsel auf USB-C. Doch der Smartphone Markt ist stark markengetrieben. Nachhaltigkeitsaspekte spielen für viele Konsumenten eine nachgeordnete Rolle gegenüber der Markenbindung.
Ines Haaga: Langfristig könnte sich jedoch ein Effekt zeigen: Wenn Geräte langlebiger werden und werden müssen, sinkt die Zahl der jährlich notwendigen Neuanschaffungen. Das dürfte die Nachfrage weiter dämpfen. Gleichzeitig könnte es den Markt für Refurbished-Geräte weiter stärken – gerade preissensible Konsumenten könnten verstärkt zu hochwertigen Gebrauchtgeräten greifen.
gfu GmbH: Hat sich das Kaufverhalten der Konsumenten durch Inflation oder längere Nutzungszyklen verändert?
Jan Lorbach: Ja, eindeutig. Die Nutzungsdauer von Smartphones hat sich deutlich verlängert. 2020 gaben 50 % der Käufer an, dass ihr vorheriges Gerät mindestens drei Jahre alt war. 2024 sind es bereits 71 %. Da Smartphones länger genutzt werden, legen Konsumenten beim Kauf mehr Wert auf Premiumgeräte – lieber ein hochpreisiges Gerät alle vier Jahre als ein mittleres Modell alle zwei Jahre. Das erklärt auch den Umsatzanstieg trotz sinkender Stückzahlen.
Ines Haaga: Eine ähnliche Entwicklung sehen wir bei Laptops und Tablets. Die Ersatzzyklen verlängern sich, während Tablets durch ihr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis an Beliebtheit gewinnen. Sie decken grundlegende PC-Funktionen ab, sind aber oft deutlich günstiger – ein attraktiver Faktor, gerade in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit.
gfu GmbH: Welche Funktionen sind für Verbraucher aktuell am wichtigsten?
Jan Lorbach: Bei Smartphones stehen Akkulaufzeit, Speicherkapazität und Kameraqualität im Vordergrund. KI ist aktuell noch kein zentrales Kaufkriterium.
Ines Haaga: Für Laptops sind RAM, Betriebssystem und Akkulaufzeit entscheidend. KI AI-Optimierung wird wahrgenommen, aber ist noch nicht unter den Top-Kaufkriterien.
gfu GmbH: Welche Altersgruppe investiert am meisten in Smartphones?
Jan Lorbach: Junge Konsumenten unter 25 Jahren sind am ausgabefreudigsten: 25 % der Smartphone Käufer aus dieser Altersgruppe haben 2024 mehr als 900 € für ein Smartphone ausgegeben. Mit zunehmendem Alter sinkt dieser Wert – bei den über 55-Jährigen sind es nur noch 12 %.
gfu GmbH: Werden Tablets langfristig eine größere Rolle als Laptops spielen?
Ines Haaga: Ich sehe Tablets als Ergänzung zu Laptops, nicht als Ersatz. Je nach Anwendung spielen beide Geräte ihre jeweiligen Stärken aus. Versuche, Tablet-Formfaktor und Laptop-Leistung in einem Gerät zu vereinen, haben sich im Massenmarkt bisher nicht durchgesetzt.
gfu GmbH: Blicken wir in die Zukunft: Gibt es Technologien, die Smartphones oder Laptops eines Tages ersetzen könnten?
Jan Lorbach: Kurz- und mittelfristig nicht. Smartphones sind optimal in ihrer Größe und Funktionalität. Smart Glasses könnten eine Alternative sein, doch ich gehe davon aus, dass viele Menschen sich aus optischen Gründen keine Brille aufsetzen werden. Vielleicht sind smarte Kontaktlinsen oder Wearables mit Projektionstechnologie ein zukünftiger Ansatz.
Ines Haaga: Bei Laptops könnte VR/AR eine Rolle spielen, etwa als Monitor-Ersatz. Die Steuerung ist aber noch nicht ausgereift. Eine Kombination aus AR-Brille, einer tragbaren Computing-Einheit und Gestensteuerung wäre spannend – doch das ist aktuell noch Zukunftsmusik.
gfu GmbH: Vielen Dank für das Gespräch und spannenden Einblicke!
Das Interview führte Marie-Charlotte von Heyking von der gfu Consumer & Home Electronics GmbH mit den NIQ/GfK-Expert:innenInes Haaga und Jan Lorbach im Rahmen des MWC Barcelona.