Homeoffice als neues Normal. Auch als Modell für die Zukunft?

Ein Jahr nach dem ersten Lockdown

Seit Ausbruch der Corona-Pandemie vor einem Jahr hat sich die Art, wie gearbeitet wird deutlich verändert. Büroarbeit findet viel häufiger im Homeoffice statt und – das zeigt eine aktuelle Befragung*, die YouGov im Auftrag der gfu Consumer & Home Electronics GmbH in Deutschland und Großbritannien durchgeführt hat – sowohl Unternehmen als auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben sich mit der neuen Realität meist gut arrangiert.

Ein gutes Drittel (35 Prozent) der befragten Erwerbstätigen in Großbritannien und jeder fünfte (19 Prozent) in Deutschland arbeitet aktuell ausschließlich im Homeoffice. Hinzu kommen zwölf Prozent in Großbritannien und 23 Prozent in Deutschland, die zwischen Büroarbeitsplatz beim Arbeitgeber und dem Homeoffice wechseln. 39 Prozent der Berufstätigen in Großbritannien und 42 Prozent in Deutschland geben an, dass ihre Tätigkeit kein Homeoffice zulässt und sie sich daher weiterhin zu ihrer Arbeitsstätte begeben. Und noch eine weitere Folge hat die aktuelle Corona-Lage: Neun Prozent der normalerweise Erwerbstätigen in Großbritannien und sechs Prozent in Deutschland geben an, ihre Berufstätigkeit derzeit situationsbedingt nicht ausüben zu können.

Wie sich der Arbeitsalltag für die im Homeoffice arbeitenden gestaltet und welche Vor- und Nachteile sich ergeben, war ein weiterer Teil der Befragung. Zwei Drittel (66 Prozent) der von zuhause Arbeitenden in Deutschland und 61 Prozent ihrer britischen Pendants geben an, dass rein technisch betrachtet, also beispielsweise in Bezug auf Internetbandbreite und PC-Ausstattung, die Arbeit im Homeoffice keine Nachteile gegenüber dem normalen Büroarbeitsplatz hat. Nur 13 Prozent in Deutschland und immerhin 22 Prozent in Großbritannien sehen hingegen technische Einschränkungen. Der Rest ist bei dieser Frage unentschieden oder hat sich noch keine Meinung gebildet.

Produktiver im Homeoffice

Wenn die Technik stimmt, ist eine Grundvoraussetzung für produktive Arbeit gegeben. Und tatsächlich sagt etwa die Hälfte der im Homeoffice arbeitenden, dass sie zuhause mehr in der gleichen Zeit schaffen. Exakt sind es 50 Prozent der in Deutschland Befragten und 51 Prozent der in Großbritannien. Für 29 Prozent in Deutschland und 25 Prozent in Großbritannien trifft dies in Teilen zu und nur 18 Prozent (Deutschland) und 17 Prozent (Großbritannien) meinen, dass ihre Produktivität im Homeoffice nachlässt.

Ein Grund könnte sein, dass es im Büro mehr Ablenkung gibt, als bei der Arbeit zuhause. Immerhin 37 Prozent der zuhause Arbeitenden in Deutschland und 40 Prozent in Großbritannien sagen, dass sie im Büro häufiger abgelenkt sind. Zuhause stärker abgelenkt fühlen sich in beiden Ländern etwas weniger: 31 Prozent in Deutschland und 35 Prozent in Großbritannien.

Auch der Informationsverlust durch die Distanzarbeit scheint sich in Grenzen zu halten. Zwar sagen 28 Prozent der Befragten mit Homeoffice-Tätigkeit in Großbritannien und 25 Prozent in Deutschland, dass sie so nicht alle für ihre Arbeit wichtigen Informationen erhalten, doch eine knappe Mehrheit (51 Prozent) der in Großbritannien und die Hälfte (50 Prozent) der in Deutschland Befragten sagen, alle für die Arbeit wichtigen Informationen zu erhalten. Für 22 Prozent in Deutschland und 17 Prozent in Großbritannien trifft dies in Teilen zu.

Soziale Kontakte fehlen – aber nicht bei allen

Was trotzdem fehlt, sind die Kolleginnen und Kollegen: 55 Prozent der zuhause Arbeitenden in Deutschland und 61 Prozent in Großbritannien sagen, dass ihnen die direkten sozialen Kontakte bei der Arbeit von zuhause fehlen. Doch immerhin jeder Fünfte in Großbritannien (20 Prozent) und 23 Prozent in Deutschland  stimmen der Aussage von fehlenden Sozialkontakten bei der Arbeit nicht zu.

Bis auf die fehlenden Sozialkontakte scheinen also eher die Vorteile der Arbeit zuhause zu überwiegen. Speziell die eingesparte Zeit durch den wegfallenden Arbeitsweg begrüßen viele: Hierdurch sieht eine deutliche Mehrheit von 73 Prozent der in Deutschland und 67 Prozent der in Großbritannien im Homeoffice arbeitenden Erwerbstätigen einen direkten Gewinn an Lebensqualität.

Unternehmen unterstützen mehrheitlich das Homeoffice

Doch nicht nur die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer scheinen die Vorteile des Homeoffice zu sehen, auch die Unternehmen bekommen ein positives Zeugnis ausgestellt: Von den  im Homeoffice arbeitenden sagen in Deutschland 57 Prozent und 54 Prozent in Großbritannien, dass die Arbeit im Homeoffice von ihrem Unternehmen gefördert wird; Widerstände von Seiten der Unternehmen oder den Vorgesetzten nennt hingegen nur eine Minderheit von 19 Prozent in Deutschland und 13 Prozent in Großbritannien.

Sollte es trotzdem staatliche Regelungen geben, also gesetzliche Grundlagen für ein Recht auf Homeoffice geschaffen werden? Eine knappe Mehrheit der Erwerbstätigen in beiden Ländern (51 Prozent Deutschland, 52 Prozent Großbritannien) meint, dass es ausschließlich zwischen Arbeitgebern und Beschäftigten geregelt werden sollte, ob Homeoffice stattfindet oder nicht. Für gesetzliche Homeoffice-Ansprüche sind hingegen nur 42 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland und 35 Prozent in Großbritannien. Der Rest hat sich dazu keine Meinung gebildet oder möchte keine Angaben machen.

Dass der Wechsel des Arbeitsplatzes vom Arbeitgeber ins Zuhause nicht ohne Aufrüstung des Heimbüros möglich ist, zeigen weitere Zahlen: In beiden Ländern hat mehr als die Hälfte der Befragten in Heimarbeit in den vergangenen zwölf Monaten in Equipment für den Homeoffice-Arbeitsplatz investiert. Bestseller waren (in dieser Reihenfolge): Kopfhörer und Headsets, Bürostühle, Tastaturen und Mäuse sowie PC-Monitore.

Kosten für die Homeoffice-Ausstattung tragen die zuhause Arbeitenden  größtenteils selbst

Immerhin bei rund jedem fünften Befragten hat der Arbeitgeber die Kosten für die Anschaffungen übernommen: Konkret bei 22 Prozent der im Vereinigten Königreich und 21 Prozent der in Deutschland Befragten. Teilübernahmen der Kosten gab es auch, doch letztlich haben 65 Prozent der Briten mit Homeoffice-Anschaffungen und 60 Prozent ihrer Pendants in Deutschland die Kosten komplett selbst getragen.

Nachholbedarf bei Digitalisierung

Nicht nur die gewachsene Verbreitung von Arbeit im Homeoffice zeigt, dass die Digitalisierung grundsätzlich voranschreitet, doch es gibt auch Nachholbedarf. Auf die Frage, ob die Corona-Pandemie Nachholbedarf bei der Digitalisierung aufgezeigt hat, bejahen das 40 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland und 37 Prozent in Großbritannien, bezogen auf ihren eigenen Arbeitsplatz. Deutlich mehr Nachholbedarf wird „in der Wirtschaft allgemein“ gesehen und zwar von 71 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland und 60 Prozent in Großbritannien. Ein besonders schlechtes Zeugnis im Fach Digitalisierung stellen die Erwerbstätigen in Deutschland Behörden und der öffentlichen Verwaltung aus: 78 Prozent sehen hier einen deutlichen Nachholbedarf. Mit 58 Prozent liegen die Briten deutlich darunter.

„Bereits unsere jüngste Studie zum Distanzunterricht hat gezeigt, dass es zwar Fortschritte bei der Digitalisierung gibt, aber das Digitalisierungstempo an vielen Stellen noch lange nicht ausreicht”, kommentiert Dr. Sara Warneke, Geschäftsführerin der gfu Consumer & Home Electronics GmbH. Sie fährt fort: „Dass fast vier von fünf Erwerbstätigen in Deutschland einen deutlichen Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung bei Behörden und in der öffentlichen Verwaltung sehen, sollte bei den politischen Entscheidungsträgern die Alarmglocken klingeln lassen. Die Corona-Pandemie ist nicht die Ursache für diese Lücke – sie hat sie nur deutlich sichtbarer gemacht.”

* Die verwendeten Daten beruhen auf einer Online-Umfrage der YouGov Deutschland GmbH Anfang März 2021, an der 1.275 Erwerbstätige in Deutschland und 1.343 Erwerbstätige in Großbritannien teilnahmen, davon 533 (Deutschland) und 635 (Großbritannien) im Homeoffice arbeitend.