Vor 90 Jahren: „Freigabe“ für das Fernsehen

Vor 90 Jahren, am 31. August 1928, gab das Reichspostzentralamt den Start für das „neue und künftige Telekommunikations-System“ Fernsehen frei.

Die 5. Große Deutsche Funkausstellung Berlin zeigte von 31. August bis 9. September 1928 erste Fernseh-Entwicklungen. Darunter eine Vorrichtung mit Spiegelabtastung und 96 Zeilen und das „Telehor“ genannte System mit 30 Zeilen, das auf einer weiter entwickelten Nipkow-Scheibe basierte.

Nach diesem historischen Datum begann die deutsche Industrie mit der Entwicklung von Fernsehgeräten – das Fernsehen hat in Deutschland eine lange Tradition und eine innovative Entwicklungsgeschichte: Zahlreiche maßgebliche Entwicklungen stammen aus Deutschland und viele deutsche Unternehmen haben auf dem Gebiet der Fernsehtechnik Pionierarbeit geleistet.

Heute gehört ein Fernsehgerät zum Standard in deutschen Haushalten. Viele Haushalte haben meist mehr als ein TV-Gerät: In 39 Prozent der Haushalte steht ein TV, weitere 41 Prozent haben zwei Geräte, 14 Prozent besitzen drei und sechs Prozent haben vier oder mehr TV-Geräte*. Die Menschen sehen heute im Durchschnitt pro Tag rund 221 Minuten fern. Neben den so genannten linearen Programmangeboten erobern zunehmend die Streaming-Dienste die Gunst der TV-Zuschauer. Die vielfältigen Programmangebote führen auch dazu, dass die Zuschauer seltener zu den festgelegten Sendezeiten fernsehen: Bereits 43 Prozent der Befragten bestimmen selbst, wann sie sich eine Sendung ansehen*.

* Quelle: Repräsentative Studie im Auftrag der gfu im Mai 2018

Flache Bildschirmtechnologien haben die Röhre im Wohnzimmer verdrängt und ermöglichen mit ihren immer größeren Bildschirmen und Ultra HD-Auflösung perfekte Heimkino-Atmosphäre. Für das Jahr 2018 rechnet die gfu mit rund 6,5 Millionen verkauften TV-Geräten. Dies entspricht einem Umsatz von rund vier Milliarden Euro. Dabei setzt sich der Trend zu großformatigen Fernseh-Geräten fort. Zudem erwartet die gfu eine deutliche Steigerung des Absatzes von OLED- und UHD-TVs in diesem Jahr.

„Die Fernseh-Technik folgt einer spannenden und rasanten Entwicklung. Dies umfasst aktuell Bildschirme mit 8k-Auflösung, flexible Displays, die sich wie ein Rollo aufrollen lassen, große Videowände und neue HDR-Techniken. Ebenso wichtig ist hoher Bedienkomfort mit  neuen Nutzer-Oberflächen die Ordnung schaffen. Intuitiv und jederzeit findet der Zuschauer seine Lieblingsprogramme – ganz gleich, ob sie von einem TV-Sender, einem angeschlossenen Player, einer Mediathek oder aus einem Video-Portal stammen. Passenden Ton liefern elegante Soundbars, die oft auch die Wiedergabe von 3D-Tonspuren beherrschen. Und die Sprachassistenten werden sich in vielen weiteren Gerätearten etablieren. Dies alles zeigt die weltweit bedeutendste Branchenveranstaltung, die IFA vom 31. August bis 5. September 2018 in Berlin“, erklärt Hans-Joachim Kamp, Aufsichtsratsvorsitzender der gfu.

Die historische Entwicklung des Fernsehens in Deutschland im Detail

Mitte der 20er Jahre wurde das Fernsehen noch von der Mechanik bestimmt. 1926 führte das Telegraphentechnische Reichsamt erste Fernsehversuche in Deutschland durch. Ab 1930 erfolgte der Übergang von der Mechanik zur Elektronik. Manfred von Ardenne zeigte im Dezember 1930 zum ersten Mal vollelektronisches Fernsehen mit einem Raster von 100 Zeilen bei 20 Bildwechseln pro Sekunde im Labor und präsentierte es 1931 während der 8. Großen Deutschen Funkausstellung und Phonoschau weltweit erstmals öffentlich. Sogar auf der anderen Seite des Atlantiks galt dieser Technik-Durchbruch als Sensation. Die „New York Times“ kündigte sie bereits im Vorfeld der Messe, am 16. August 1931, in einem großen Artikel an. Ardenne griff hierbei lediglich auf bereits bekannte Komponenten, wie die Braunsche Röhre, zurück. Röhren verwendete er auch zur Aufnahme des Fernsehbildes. Das Geniale und Visionäre an seiner Versuchsanordnung aber war die Auswahl und Optimierung der Komponenten, die in der Folge eine unproblematische und stetige Verbesserung der Bildqualität erlaubten.

Darauf folgten mehrere Patente, darunter für das von Fritz Schröter erfundene Zeilensprungverfahren, sowie zahlreiche Versuchssendungen. Am 22. März 1935 war es dann soweit: Im Berliner Haus des Rundfunks wurde das erste regelmäßige öffentliche Fernsehprogramm der Welt eröffnet. Die Mischung aus Live-Programm vom Studio und Filmausschnitten konnte die Mehrzahl der Zuschauer damals allerdings nur in den so genannten „Fernsehstuben“ ausgewählter Postämter verfolgen.

Damals wie heute sind die Großveranstaltungen des Sports auch Highlights für das Fernsehen. Aus dem Olympiastadion in Berlin kamen 1936 die Wettkämpfe live in die „Fernsehstuben“. Der Krieg forderte danach eine Zwangspause, doch bereits 1950 gab es vom NWDR (Nordwestdeutscher Rundfunk) aus Hamburg wieder erste Fernsehbilder. Auf der „Fernsehstraße“ der Industrieausstellung in Berlin stellten zwölf Firmen 40 unterschiedliche Fernsehgeräte vor. Am 21. Dezember legte der Deutsche Fernsehfunk (DFF) in der damaligen DDR mit zwei täglichen Sendestunden los – im eigens errichteten Ostberliner Fernsehzentrum Adlershof. Am 25. Dezember 1952 startete dann das ständige Programm in der BRD mit einem Fernsehspiel. 1954 war es wieder der Sport, der für ein weiteres Highlight der TV-Geschichte sorgte: die Übertragung des Endspiels der Fußball-Weltmeisterschaft aus Bern.

Danach ging es Schlag auf Schlag: 1954 wurden Kabel-Fernbedienungen eingeführt, 1956 konnte schon eine halbe Million Zuschauer das Programm empfangen, die Halbleitertechnik löste die Röhre als maßgebliches Bauelement ab. 1957 wurde die Millionengrenze der angemeldeten Fernseher in der BRD überschritten.

Für 1963 stehen zwei maßgebliche Daten in der TV-Historie: die Patentierung des PAL-Farbfernsehens und der Sendebeginn des ZDF. Zehn Millionen Geräte waren 1964 angemeldet und auf der 25. Großen Deutschen Funkausstellung startete Willy Brandt 1967 das Zeitalter der bunten Fernsehbilder in der BRD auf Basis des PAL-Systems. Die DDR dagegen entschied sich, als 1969 auch dort das Fernsehen farbig wurde, für das französische Konkurrenzverfahren SECAM – gemeinsam mit ihren sozialistischen Nachbarn.

1970 begründete ein Patent zweier Schweizer Physiker die Ära der Flüssigkristall-Bildschirme, die inzwischen die altgediente Bildröhre abgelöst haben. Seit 1975 ist eine Fernbedienung für TV-Geräte serienmäßig. 1977 wurde der Videotext von ARD und ZDF eingeführt.

Ein zweiter Tonkanal erlaubte ab 1981 die Übertragung von Stereosendungen. Und zeitgleich mit dem Kabel-Pilotprojekt starteten 1984 auch die ersten privaten Programme. Zusammen mit den 1985 präsentierten Geräten für den direkten Empfang von Satelliten-

Fernsehen waren dies die Voraussetzungen für die heutige Programmvielfalt.

Im November 1990 wurde die Nationale HDTV-Plattform Deutschland gegründet, die heutige Deutsche TV-Plattform – mit dem Ziel, die Einführung des hoch auflösenden Fernsehens HDTV in Deutschland zu koordinieren. Dieses Projekt endete zunächst in der analogen Sackgasse. Das digitale HDTV wurde im Februar 2010 von ARD und ZDF in den Regelbetrieb überführt.

September 1993 ist das Datum für die Gründung des europäischen DVB-Projekts (DVB = Digital Video Broadcasting). Der in diesem Kreis entwickelte technische Standard für digitales Fernsehen wurde 1995 für die ersten Ausstrahlungen verwendet, 1996 startete der erste Regelbetrieb mit digitalem Fernsehen in Deutschland. Mittlerweile ist der DVB-Standard mit seinen diversen Spezifikationen für Kabel, Satellit und die terrestrische Übertragung – sowohl für Fernsehen in Standard-Auflösung (SDTV), als auch für das hoch auflösende Fernsehen HDTV – weltweit im Einsatz.

Aktuell erobern UHD-TV und Smart-TVs, TV-Geräte, die nicht nur klassisches, linear ausgestrahltes Fernsehprogramm empfangen, die Wohnzimmer. In fast der Hälfte der deutschen Haushalte, steht inzwischen ein solcher vernetzter Fernseher als hauptsächlich genutztes Gerät*.

* Quelle: Repräsentative Studie im Auftrag der gfu im Mai 2018